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Bereicherungs- und Schadenersatzansprüche im Immaterialgüterrecht

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Immaterialgüterrechtliche Sonderansprüche

Die zentralen Immaterialgüterrechtsgesetze (insbesondere UrhG, PatG, MSchG) gewähren demjenigen, dessen Immaterialgüterrechte verletzt wurden, neben Unterlassungs- und Beseitigungsansprüchen auch besondere bereicherungs- und schadenersatzrechtliche Ansprüche, die teilweise erheblich vom allgemeinen Zivilrecht abweichen und den Rechtsschutz verbessern sollen. Im Einzelnen hat der Verletzte die folgenden geldwerten Ansprüche:

 Anspruch auf angemessene Lizenzgebühr

Derjenige, dessen Immaterialgüterrecht unbefugt benutzt wurde, hat gegen den rechtswidrigen Nutzer einen Anspruch auf angemessenes Benützungsentgelt (§ 86 UrhG, § 150 Abs 1 PatG, § 53 Abs 1 MSchG). Rechtsdogmatisch handelt es sich dabei um einen Verwendungsanspruch im Sinne des § 1041 ABGB, der die ersparten Nutzungsgebühren vergütet. In Übereinstimmung mit § 1041 ABGB setzt der Anspruch auf angemessenes Entgelt weder einen Schaden des Verletzten noch ein Verschulden des Verletzers voraus.

Die Höhe des zu vergütenden Benützungsentgelts bemisst sich danach, wieviel der Bereicherungsschuldner üblicherweise für die rechtmäßige Nutzung zahlen hätte müssen. Abgestellt wird auf die für das jeweilige Recht marktübliche Lizenzgebühr. Im Marken- und Patentrecht ist dabei der allgemeine wirtschaftliche Wert der Marke beziehungsweise des Patents zu berücksichtigen. Weitere für die Bemessung des angemessenen Entgelts wichtige Faktoren im Markenrecht sind der Bekanntheitsgrad und der Ruf der Marke, der Grad der Verwechslungsgefahr, die Intensität der Beeinträchtigung, die Bedeutung der Kennzeichnung für die Abnehmer, Dauer und Umfang der Benutzung und Eintritt einer Marktverwirrung. Die Berechnung im Rahmen des UrhG lehnt sich an die Grundsätze des Marken- und Patentrechts an. Fehlt ein tatsächlicher Marktpreis, ist darauf abzustellen, welche Lizenzgebühr vernünftige Vertragsparteien bei Berücksichtigung aller objektiven lizenzrelevanten Umstände vereinbart hätten, was also bei vertraglicher Einräumung ein vernünftiger Lizenzgeber gefordert und ein vernünftiger Lizenznehmer gezahlt hätte.

Der Kläger muss zur Höhe des angemessenen Entgelts konkrete Tatsachen vorbringen. Die bloße Behauptung, der Kläger erachte für die erfolgte Rechtsverletzung einen bestimmten Betrag als angemessen, genügt nicht. Die Ermittlung der angemessenen Lizenzgebühr geschieht im Gerichtsverfahren regelmäßig durch Sachverständigengutachten. Zur Vermeidung unüberwindlicher Beweisschwierigkeiten kann auch § 273 ZPO herangezogen werden.

Der Anspruch auf Bezahlung eines angemessenen Entgelts hat große praktische Bedeutung, weil bei Immaterialgüterrechtsverletzungen der Verkürzte häufig keinen (nachweisbaren) oder nur einen geringen Schaden erleidet.

 Anspruch auf pauschalen Schadenersatz

Große praktische Bedeutung hat auch der Anspruch auf pauschalen Schadenersatz. So kann der Verletzte nicht nur nach allgemeinen Schadenersatzregeln Ersatz für den tatsächlichen Vermögensschaden fordern, den die Immaterialgüterrechtsverletzung verursacht hat, sondern auch einen pauschalen Ersatzanspruch in der Höhe der doppelten (oben erörterten) angemessenen Benützungsgebühr geltend machen (§ 87 Abs 1 und 3 UrhG, § 150 Abs 2 und 3 PatG, § 53 Abs 2 und 3 MSchG).

Der Pauschalersatz setzt keinen Schadensnachweis voraus, sondern steht dem Verletzten vielmehr auch dann zu, wenn feststeht, dass kein Schaden eingetreten ist. Die Geltendmachung erfordert daher weder Behauptung noch Beweis eines Schadenseintritts. Es genügt eine schuldhafte Eingriffshandlung.

Anspruch auf Ersatz des tatsächlichen Vermögensschadens

Neben dem Anspruch auf Pauschalersatz hat der Anspruch auf Ersatz des tatsächlichen Vermögensschadens nur dann praktische Bedeutung, wenn er den Pauschalersatz übersteigt oder wenn der Pauschalersatz ausnahmsweise nicht zur Anwendung kommt, wie etwa bei der Verletzung von Urheberpersönlichkeitsrechten oder des Rechts am eigenen Bild. Der Ersatz des tatsächlichen Vermögensschadens folgt weitgehend den allgemeinen schadenersatzrechtlichen Regelungen, umfasst allerdings (anders als §§ 1323, 1324 ABGB) schon bei leichter Fahrlässigkeit auch den entgangenen Gewinn.

Anspruch auf Gewinnherausgabe

Vom entgangenen Gewinn des Verletzten ist jener Gewinn zu unterscheiden, den der Verletzer aus dem Eingriff zieht. Bei einem rechtswidrigen und schuldhaften Eingriff kann der Verletzte die Herausgabe dieses Gewinns verlangen (§ 87 Abs 4 UrhG, § 150 Abs 2 lit b PatG, § 53 Abs 2 Z 2 MSchG). Dieser Anspruch lässt sich kaum in die Dogmatik von Schadenersatz und Bereicherung einordnen, weil er einerseits (wie das Bereicherungsrecht) an einen beim Verletzer eingetretenen Vorteil anknüpft, anderseits aber Verschulden voraussetzt und auch seiner systematischen Stellung nach schadenersatzrechtlicher Natur zu sein scheint.

Anspruch auf Ersatz ideeller Schäden

Des Weiteren ist der Ersatz ideeller Schäden im Immaterialgüterrecht besonders geregelt (§ 87 Abs 2 UrhG, § 150 Abs 4 PatG, § 53 Abs 4 MSchG). Danach steht Ersatz schon bei leichter Fahrlässigkeit zu. Allerdings muss die Ersatzfähigkeit in den „besonderen Umständen“ des Schadensfalls begründet sein. Der OGH versteht diese Voraussetzung im Sinne einer besonderen Kränkung, die über den üblichen Ärger, der mit jeder Immaterialgüterrechtsverletzung typischerweise verbunden ist, hinausgeht.

 Haftung des Unternehmensinhabers

Unter bestimmten Voraussetzungen haftet der Unternehmensinhaber für Bereicherungs- und Schadenersatzansprüche, wenn die maßgebliche Verletzung von einem Bediensteten oder Beauftragten im Betrieb seines Unternehmens begangen wurde (§ 88 UrhG, § 152 PatG und § 54 MSchG). Die Unternehmerhaftung erfasst solche Verletzungen, die funktionell dem Unternehmensbetrieb zuzuordnen sind, das heißt Verletzungen, die im Zuge einer dem Unternehmenszweck dienenden Tätigkeit stattfinden.

Für schadenersatzrechtliche Ansprüche haftet der Unternehmer nur dann, wenn er selbst schuldhaft handelt; seine Haftung tritt neben die Haftung nach §§ 1301, 1313a, 1315 ABGB. Für bereicherungsrechtliche Ansprüche haftet der Unternehmer nach PatG und MSchG nur dann, wenn er einen Vorteil aus der Verletzung zog oder von der Verletzung wusste. Dies ist – in Übereinstimmung mit allgemeinen bereicherungsrechtlichen Wertungen – dahingehend zu verstehen, dass sich der redliche Unternehmer darauf berufen kann, dass sein subjektiver Nutzen geringer (allenfalls auch gleich null) war als die objektive Bereicherung.

 Haftung von mehreren Personen

Wenn bei Immaterialgüterrechtsverletzungen mehrere Personen beteiligt sind, ist die Passivlegitimation grundsätzlich nach allgemeinen zivilrechtlichen Prinzipien zu bestimmen. Danach gilt Folgendes:

Für Bereicherungsansprüche haftet nur derjenige, der aus einem Eingriff bereichert wurde. Diese Person muss nicht unbedingt selbst in ein fremdes Rechtsgut eingegriffen haben. Beim immaterialgüterrechtlichen Anspruch auf angemessenes Entgelt kommt es daher darauf an, wer sich die Benützungsgebühren erspart hat. Neben dieser Person haften Anstifter und Gehilfen nur dann, wenn sie an der rechtswidrigen Nutzung ein eigenes wirtschaftliches Interesse haben oder daraus einen Nutzen ziehen.

Bei Schadenersatzansprüchen ist unmittelbarer Täter wer tatbestandsmäßig handelt, also etwa, wer selbst ein patentiertes Verfahren anwendet. Wer hingegen bloß einen sonstigen adäquat ursächlichen Tatbeitrag leistet (etwa indem er ein Hilfsmittel für die Anwendung des geschützten Verfahrens herstellt), haftet nur dann, wenn er den unmittelbaren Täter bewusst fördert. Er muss zumindest von der Verletzung wissen oder schuldhaft eine Prüfpflicht verletzt haben.

Wenn nach diesen Prinzipien oder aufgrund anderer Rechtsgrundlagen (etwa aufgrund von Gehilfen- oder Unternehmerhaftung) mehrere Personen für denselben bereicherungs- oder schadenersatzrechtlichen Anspruch haften, dann tritt nach § 89 UrhG, § 153 PatG und § 53 Abs 5 MSchG Solidarhaftung ein.

 Judith Schacherreiter

Siehe zu diesem Thema: Schacherreiter, Bereicherung und Schadenersatz im Immaterialgüterrecht – ein Beitrag zum Verhältnis zwischen Sonderprivatrecht und allgemeinem Zivilrecht, Verlag Sramek, im Erscheinen.

 Judith Schacherreiter hat sich mit dieser Monographie und weiteren Publikationen im Mai 2017 im Bürgerlichen Recht habilitiert.